Gelebter Traum in Übersee: Wie zwei Thüringer einigen Sporttalenten ein Stipendium in den USA ermöglichen

Zwei frühere Thüringer Fußballer ermöglichen mit ihrer Firma Sporttalenten ein Stipendium in den USA.

Jena/Leipzig. Es passiert oft, dass Christopher Griebsch eine Nachtschicht einlegt. Wenn andere schlafen, hält der 28-Jährige Meetings mit Arbeitskollegen aus Übersee. Der gebürtige Eberswalder, der im Nachwuchs des FC Carl Zeiss Jena spielte, leitet von Leipzig aus die deutsche Zweigstelle der Firma „Athletes USA“.

Das mit Hauptsitz in den Vereinigten Staaten beheimatete Unternehmen bietet jungen Sportlern die Möglichkeit, in den USA zu studieren und gleichzeitig per Stipendium dem Leistungssport nachzugehen. „In Deutschland hast du dieses System nicht. Hier kann man nur den einen oder anderen Weg einschlagen“, sagt Griebsch .

Herbert Biste, Christopher Griebsch und Johannes Bergmann (von links) vor der Uni von Maryland. Foto: Athletes USA

Das Abenteuer USA

Er weiß, wovon er spricht. 2010 entschied sich der damals beim FC Carl Zeiss II spielende Mittelfeldakteur für das Abenteuer USA . Vier Jahre dauerte sein Studium, nebenbei kickte er bei „Hofstra Pride“ und lernte neben unvergesslichen Erlebnissen kennen (und lieben), wie perfekt die Symbiose aus Sport und Lehre sein kann. „Wenn man dort für eine Universität spielt, wird vor dem Jahr festgelegt, wann Training ist und alles mit den Professoren abgesprochen. So etwas wäre in Deutschlandundenkbar“, sagt Griebsch , den das Konzept auch nach seiner Zeit in den USA nicht los ließ.

Nach fußballerischen Stationen auf Zypern und in Australien stieg er – wieder zurück in Deutschland – 2015 per Praktikum in die bestehende Firma ein und begann, ein Netz für Deutschland aufzubauen. Mit dem früheren Rot-Weiß-Spieler Herbert Biste , der einen ähnlichen Weg ging und nun in den USA die Fäden zieht, ermöglicht er Sportlern den Austausch und eine neue Lebenserfahrung.

Während sich hierzulande oft die Frage stellt, ob man sich dem Sport oder der beruflichen Laufbahn widmen soll, bietet das US-amerikanische System viele Vorteile. Denn die dortigen Universitäten schmücken sich gerne mit Trophäen und sind immer auf der Suche nach Athleten, die Siege für die Lehranstalt erringen. Um dies zu erreichen, verteilen die Unis Sportstipendien in unterschiedlichen Größenordnungen, um sie zu locken.

Längst blicken sie dabei über den Tellerrand, binden Sportler aus allen Ländern. Eine reizvolle Aufgabe auch für deutsche Talente, die nicht nur die Welt erkunden wollen, sondern im Idealfall ein Studium gänzlich bezahlt bekommen. Die Firma „Athletes USA“ verfügt über ein enges Netz zu den Universitäten und vermittelt Sportler quasi nach den Wünschen und Erfordernissen der Unis. Eine Win-win-Situation für beide Seiten und ein großes Abenteuer inklusive.

Nicht jeder Sportler kann das beste Stipendium bekommen

Um die Chancen für eine Aufnahme zu testen, können die Bewerber eine kostenfreie „Chancenschätzung“ vornehmen. Darin wird abgewogen, ob der Kandidat geeignet ist und welche Möglichkeiten für eine Förderung bestehen. Denn klar ist auch, dass nicht jeder Sportler das beste Stipendium bekommen kann, nicht jeder die besten Unis besuchen kann. Aber auch kleinere Hochschulen sind immer auf der Suche nach guten Sportlern.

„Gerade von jungen Menschen, die ihr Abitur machen, bekommen wir viele Anfragen“, sagt Griebsch . Ein Geheimtipp ist der Austausch nicht mehr, sondern eine ernst zu nehmende Alternative gegenüber einem Studium in Deutschland . Die Palette der Sportarten ist groß. Neben Fußballern nutzte zum Beispiel die für den LC Jenastartende Leichtathletin Eleni Fromann diese Möglichkeit zum Austausch. Aber auch Volleyballer, Tennisspieler oder sogar Golfer wagten den Sprung über den Atlantik.

Frauen haben sogar größere Chancen, in den Genuss eines sehr guten Stipendiums zu kommen. Neben Fromann ist zum Beispiel der Jenaerin Maxi Krug dieser Schritt gelungen. Die früher für den FF USV auflaufende Fußballspielerin ist derzeit in Floridaaktiv. „Insgesamt haben wir schon über 3000 Athleten vermittelt, das Interesse steigt immer weiter an“, ist Griebsch stolz. Durch die enge Vernetzung zwischen Leipzig und den USA kann der 28-Jährige schnell und unkompliziert beraten. Er sieht sich dabei als Vorbild. „Ich helfe anderen Athleten, den gleichen Weg einzuschlagen.“

Europäische Projekte in den USA fördern

Gerade für Fußballer ist das Angebot verlockend. Nicht alle Spieler, die aus den Nachwuchsleistungszentren nach der A-Jugend ausscheiden, schaffen es in den Profikader ihres Teams. Schnell stellt sich dann die Frage, wie es weitergeht. „Wir wollen natürlich niemanden davon abhalten, seinen Traum vom Profifußball aufzugeben. Aber wir bieten eine interessante Alternative“, sagt Griebsch , der sein Projekt zusammen mit dem früheren Erfurter Johannes Bergmann auch schon beim FC Rot-Weiß vorstellte und großes Interesse weckte. Mit dem im Winter zum SC 03 Weimar gewechselten A-Junior Tom Hausdörfer hat sich ein Akteur bereits für das Austauschprogramm entschieden.

Apropos Bergmann : Der frühere Junioren-Nationalspieler, der seinen Traum vom Profifußball nach einer schweren Verletzung begraben musste, ging den Weg über die USA und gewann mit seinem Uni-Team Maryland Terrapins die College-Meisterschaft. Nun winkt beim „Draft“ – einer Art Berufung in den Profisport – sogar der Wechsel in ein Team der Major League Soccer, der 1. Liga in den Vereinigten Staaten . Er wäre der erste Thüringer, dem der große Wurf gelänge – und ein weiteres Vorbild für die Athleten, die diesen Traum leben.

Griebsch und Biste blicken derweil schon weiter. So gründete das Duo in den USA die Firma Warubi Sports, um europäische Projekte in den USA zu fördern und den Markteintritt zu erleichtern. Mit Erfolg: In Florida fand im letzten Dezember eine erste gemeinsame Veranstaltung mit der DFB-Akademie statt.

Von Fußball bis Golf: Mehr als 3000 Sportstipendien wurden bisher vergeben

  • Stipendienangebote gibt es in über 20 Sportarten, darunter neben Fußball unter anderem Golf oder Tennis.
  • Durch vergebene Stipendien sparten die Athleten bisher über 100 Millionen Dollar an Studiengebühren oder anderen Kosten.
  • Sportler, die über die Hochschulreife verfügen, können eine kostenfreie und unverbindliche Chancenschätzung vornehmen, ob und wie hoch ein Stipendium möglich wäre.
  • An der Uni wird der Tagesplan zwischen Sport und Lehre zusammen mit den Professoren abgesprochen.
  • Firmenbüros in Deutschland und den USA sorgen für eine enge Vernetzung.
  • Informationen gibt es unter www.athletes-usa.de
Thomas Rudolph 11.04.19